Mallorca

Imagewandel auf Mallorca: 5 überholte Klischees und Vorurteile

11 Uhr vormittags. Die Sonne brennt mit 30 Grad über der Playa de Palma. Die Mitglieder des Fußballvereins von Bumsdorf reißen ihre achte Bierdose auf und torkeln an halbnackten Mädchen mit Handtaschenimitaten vorbei Richtung Ballermann, obszöne Lieder grölend. Wo wir sind? Das können selbst Menschen beantworten, die Geografie mit Gesteinskunde verwechseln. Wir sind im Zentrum des Klischees! Wir sind auf Mallorca. Kein Tourismusort dieser Welt ist mit so vielen Vorurteilen gepflastert wie die größte Insel der Balearen. Und kaum einen Ort treffen diese Vorurteile so unverdient wie das 17. Bundesland. Stopp! Schon wieder ein Vorurteil. Es ist an der Zeit, die Insel von ihren Klischees zu säubern. Unter der Patina kommt etwas sehr Schönes hervor.

1. Ballermann

Was geschieht, wenn die Berichterstattung über ein Urlaubsland einen einzigen Ort fokussiert? Und was, wenn dieser Ort ausgerechnet das Epizentrum des Sauftourismus ist? Richtig, wir sind bei Klischee Nr. 1. Jeder Deutsche, er mag auf Mallorca gewesen sein oder nicht, kennt den Ballermann. Jeder kennt die Bierstraße, die Schinkenstraße, die Bilder von torkelnden Proleten rings um Deutschlands beliebteste Auslandskneipe. Der Ballermann heißt eigentlich Balneario. Es gibt ihn fünfzehnmal auf Mallorca – aber nur die Nr. 6 hat als Ballermann traurige Berühmtheit erlangt. Die schlechte Nachricht: Er wird dieses Nomen-est-omen-Lokal inklusive seinem promillestarken Treiben weiterhin geben. Die gute Nachricht: Wenn Mallorca der Heuhaufen ist, ist der Ballermann die Stecknadel darin. Und zwar eine, die zu suchen es sich wahrhaftig nicht lohnt. Gegenüber den paar Kilometern Partystrand hebt sich die Schönheit der Insel besonders intensiv ab.

2. Putzfraueninsel

Aber nach Mallorca, wenden Sie ein, also ins 17. Bundesland, auch Putzfraueninsel genannt, kommen – der Name sagt es: Putzfrauen, Kegelvereine, Fußballvereine, junge Frauen und Männer, die ihre Hormone nicht unter Kontrolle haben. Auf jeden Fall Deutsche, die unter der spanischen Sonne nicht auf ihr heimisches Essen verzichten wollen. Gut, es gibt auch noch jede Menge tätowierte Engländer aus den trostlosen Suburbs Londons … . Stopp! Ein wenig Snob Appeal mag verzeihbar sein – aber die Realität ist eine andere, sobald Sie die schäbige Stecknadel des Partystrands verlassen. Mallorca wird von der Mittelschicht, vom Bildungsbürgertum entdeckt. Die neuen Touristen kommen aus Deutschland, aber auch aus den mediterranen Nachbarländern und aus Skandinavien. Diese Touristen wissen, dass Mallorca eine Insel der Tradition und der unverfälschten Natur ist. Sie setzen keinen Fuß in die Nähe des Ballermanns und sind sehr glücklich dabei.

3. Bettenburgen

Mallorca ist schrecklich verbaut. Hinter der Playa de Palma konzentriert sich einer der weltweit größten Hotelbettenkomplexe. – Stimmt! Die Zeugnisse des gewissenlosen Tourismusbooms sind auf diesem Fleck mallorquinischer Erde nicht zu verleugnen. Aber Mallorca arbeitet an sich. Eine einflussreiche Lobby, der unter anderem TUI Chef Michael Frenzel (seit Jahren Insel-Bewohner) angehört, hat viel Geld flüssig gemacht. Mittel des Konsortiums und des Staates fließen in den Rückbau der Bettenburgen, in nachhaltige Urlauberresorts, in die Verschönerung und Ökologisierung von Infrastruktur und öffentlicher Plätze. Damit stellt Mallorca die Weichen Richtung hochklassigen Individual- und Familientourismus.

4. Provinz

Mallorcas Hinterland ist öde und unerschlossen. Party oder Provinz, Frust oder Feiern – je weiter Sie sich vom Playa de Palma entfernen, desto tiefer geraten Sie in die Terra Incognita rückständiger Dörfer, in der Einheimische Sie anstarren und Ihr Auto in kratergroßen Schlaglöchern versinkt. – Unsinn! Es gibt wunderschöne einfache Hostales in den Bergdörfern, es gibt einen wachsenden professionellen Agroturismo, zu Ferienhäusern umgebaute kleine Fincas auf dem Lande, Golftourismus, Naturtourismus, Nautik, Radsport. Es gibt malerische Badebuchten, die Serra de Tramuntana, dunkle Eichenwälder, das Künstlerdorf Deia … .

5. Handtücher

Dieses Klischees ist nicht auf Mallorca beschränkt. Morgens um sechs, heißt es, schleichen Deutsche mit ihrem Badehandtuch zu den besten Strandliegen und reservieren sie. Aber die Studie eines britisches Reiseportals weist nach, dass nicht die Deutschen, sondern die Urlauber aus dem Vereinigten Königreich die Meister der Handtuch-Reservierung sind. Die deutsche Ehre ist wieder hergestellt. Allerdings gibt es Stimmen, die wegen der weltbekannten britischen Höflichkeit die Korrektheit der Studie anzweifeln. Handtuch hin oder her – eins ist klar: Briten und Deutsche, Franzosen, Dänen und Schweden suchen auf Mallorca abgesehen von ihrem Platz an der Sonne die Natur- und Kulturschönheiten der Insel auf. Sie wollen heute anders reisen, ruhiger, intensiver, ökologisch nachhaltiger. Mallorca bereitet sich darauf vor.

Foto: © Andreas Gerlach – Fotolia.com

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